Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP)
bei Wildschweinen
Maßnahmen im Hinblick auf die landwirtschaftliche Bewirtschaftung von Feldern
Die erste Allgemeinverfügung zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest bei Wildschweinen mit Maßnahmen im Hinblick auf die landwirtschaftliche Bewirtschaftung von Feldern innerhalb der Restriktionszone des Landkreises Bergstrasse vom 06.07.2024 wird aufgehoben und durch diese ersetzt.
2. Allgemeinverfügung:
- Für Eigentümer, Bewirtschafter, Pächter oder Besitzer eines landwirtschaftlichen Grundstücks innerhalb der infizierten Zone wird die Nutzung der Flächen mit folgender Maßgabe eingeschränkt:
1.1 In Sonderkulturen (darunter u.a. Zwiebeln, Kartoffeln, Rüben, Spargel, Erdbeeren, Rebland sowie alle weiteren Gemüse, Kräuter und Obstanlagen einschließlich Streuobst sowie Nussbaumanlangen (ohne Mahd)) und Zierpflanzen können bis auf Weiteres alle auf diesen Flächen vorgesehenen Bearbeitungsschritte einschließlich maschineller Ernte und Pflanzenschutzmaßnahmen vorgenommen werden.
1.2 In der infizierten Zone sind alle Bodenbearbeitungs- und Pflanzenschutznahmen im Maisanbau zulässig bis zu einer Höhe von 1,50m. In der Kernzone wird empfohlen, Pflanzenschutzmaßnahmen soweit möglich mittels Drohne durchzuführen.
1.3 In Flächen mit Ölsaaten, Getreide, Gemenge sowie Eiweißpflanzen und Leguminosen einschließlich aller bodendeckenden Kulturen, die keinen unmittelbaren Blick auf den Boden erlauben, sind keine maschinellen Bearbeitungsmaßnahmen und Ernten gestattet.
1.4 Pflanzenschutzmaßnahmen mit Drohnen sind in allen Kulturen erlaubt.
1.5 Ausnahmen von den Ziffern 1.2 und 1.3 können im Einzelfall von der zuständigen Behörde genehmigt werden.
1.6 Eine Genehmigung i.S.d. Ziffer 1.5 für das Mähen von Grünland oder die Ernte von Getreide, Ölsaaten, sowie Eiweißpflanzen und Leguminosen in der infizierten Zone, einschließlich des Kerngebiets, wird auf schriftlichen Antrag erteilt, wenn die Fläche am gleichen Tag unter geeigneten Witterungsbedingungen, mittels Drohne auf das Vorhandensein von Wildschweinen und Wildschweinkadavern sowie Teilen davon abgesucht worden ist. Sollte sich die Ernte in die Dämmerung oder Abendstunden ziehen, hat der Maschinenführer in besonderem Maß auf Wildschweine zu achten, gegebenenfalls durch angepasste Fahrgeschwindigkeit. Das von der Drohnenführung übergebene Flugprotokoll ist von der Auftraggeberin / dem Auftraggeber aufzubewahren. Ist die Erstellung eines Flugprotokolls nicht möglich, ist eine Bestätigung über die durchgeführte Drohnensuche mit dem Ergebnis der Suche (Name, Kontaktdaten, Datum, Schlagnummer und Ergebnis des Abflugs) festzuhalten. Es wird empfohlen, dass die Drohne über eine Wärmebildtechnik von mindestens 640 x 512 Pixel verfügt. Im Falle der Heuernte ist für die auf die Mahd folgenden Tätigkeiten (wenden, pressen) keine weitere Drohnensuche erforderlich.
1.7 Im Fall, dass die Drohnensuche zur Genehmigung nach Ziffer 1.6 ergeben hat, dass sich Wildschweine auf der Fläche aufhalten, darf nicht gemäht werden. Es ist ein neuer Termin für die Drohnensuche und Ernte festzulegen. Eine erneute Genehmigung zur Mahd bzw. Ernte der Fläche muss nicht eingeholt werden.
1.8 Die Verwendung jeglichen Ernteguts (Stroh, Heu und Getreide) und daraus gewonnener Produkte aus der infizierten Zone, einschließlich der Kernzone, in Schweinehaltungsbetrieben ist ausgeschlossen, es sei denn, diese werden im Fall Stroh, Gras und Heu für mindestens 6 Monate und im Fall Getreide und sonstigem Erntegut mindestens 30 Tage vor der Verwendung für Wildschweine unzugänglich gelagert oder einer Hitzebehandlung für mindestens 30 Minuten bei 70°C unterzogen.
1.9 Die Verwendung von Erntegut und daraus gewonnener Produkte aus der infizierten Zone, einschließlich der Kernzone, ist zulässig, wenn ein Ernteverfahren angewendet worden ist, das eine Aufnahme von Wildschweinkadaverteilen (z.B. Teildrusch) ausschließt, oder das Erntegut und die Folgeprodukte während des Verarbeitungsprozesses für mindestens 30 Tage im Fall von Getreide und sonstigem Erntegut sowie 6 Monate im Fall von Stroh, Gras und Heu vor dem Inverkehrbringen gelagert worden ist oder vor dem Inverkehrbringen einer Hitzebehandlung für mindestens 30 Minuten bei 70°C unterzogen worden ist.
1.10 Jegliches Erntegut, bei dem eine Verwendung auf einem Schweinehaltungsbetrieb ausgeschlossen ist, kann ohne Lagerung oder Hitzebehandlung verwendet werden.
1.11 Bis auf weiteres können sämtliche, auch maschinelle Maßnahmen, die nach erfolgter vollständiger Ernte (z. B. Umbruch, weitere Bodenbearbeitung, Nachsaat) auf Flächen nach Ziffer 1.2 und 1.3. vorgenommen werden sollen, erfolgen.
1.12 Unter Beachtung der Vorgaben der aktuellen Düngeverordnung können Schweine-Gülle und Schweine-Mist aus Ställen innerhalb der infizierten Zone auf Flächen innerhalb der infizierten Zone ausgebracht werden. Unter Beachtung der Vorgaben der aktuellen Düngeverordnung können Gülle und Mist von Nutztieren außer Schwein innerhalb und außerhalb der infizierten Zone ausgebracht werden.
1.13 Bei sämtlichen Bearbeitungs- und Erntemaßnahmen sind die Landwirtinnen und Landwirte gehalten, bei der Bewirtschaftung auf mögliche Schweinekadaver sowie lebende Tiere zu achten. Im Fall von Kadaverfunden ist die Maßnahme umgehend zu unterbrechen und der Fund der örtlich zuständigen Veterinärbehörde zu melden. Nach der Bergung und Dekontamination ist die Fundstelle bei der Mahd großzügig zu umfahren. - Die Allgemeinverfügung ist solange gültig, bis eine neue Allgemeinverfügung zur landwirtschaftlichen Betätigung und Ernte in Kraft tritt, längstens jedoch sechs Monate nach Bekanntgabe dieser Allgemeinverfügung.
- Die Verfügung unter 1. ist sofort vollziehbar.
- Die Verfügung gilt an dem auf die ortsübliche Bekanntmachung folgenden Tag als bekannt gegeben.
Begründung:
Sachverhalt:
Am 13.06.2024 wurde bei einem Wildschwein, das in Königstädten erlegt wurde, eine virologische Untersuchung vorgenommen. Nach dem Ergebnis der virologischen Untersuchung vom 15.06.2024 wurde bei dem Wildschwein die Afrikanische Schweinepest (ASP) festgestellt. Daher hat der Landrat des Landkreises Groß-Gerau den Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest im Sinne des Art. 9 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 2020/689 vom 17. Dezember 2019 in der aktuell gültigen Fassung bei wildlebenden Schweinen am 15.06.2024 amtlich festgestellt.
Bei der Afrikanischen Schweinepest handelt es sich um eine Viruserkrankung, von der Haus- und Wildschweine betroffen sind. Die Übertragung erfolgt durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren oder deren Kadavern, die Aufnahme von Speiseabfällen oder Schweinefleischerzeugnissen bzw. -zubereitungen sowie andere indirekte Übertragungswege (Fahrzeuge, kontaminierte Ausrüstungsgegenstände einschl. Jagdausrüstung, landwirtschaftlich genutzte Geräte und Maschinen, Kleidung). Nach einer Infektion entwickeln die Tiere sehr schwere, aber unspezifische Allgemeinsymptome und führt in der Regel zum Tod des Tieres.
Die Bewirtschaftung und Ernte landwirtschaftlicher Flächen mit Maschinen stellt ein besonderes Risiko im Hinblick auf eine Verschleppung infektiösen Materials durch diese Tätigkeiten dar. Aus diesem Grund hat insoweit eine grundlegende Risikobewertung zu erfolgen, die dieser Allgemeinverfügung zugrunde liegt.
Nach Art. 1 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2024/1857 der Kommission vom 28. Juni 2024 zur Änderung der Anhänge I und II der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2023/594 mit besonderen Maßnahmen zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest und zur Aufhebung des Durchführungsbeschlusses (EU) Nr. 2024/1695 der Kommission und des Durchführungsbeschlusses (EU) Nr. 2024/1790 der Kommission sind die aufgrund des Ausbruchs der ASP vom 15.06.2024 betroffenen hessischen Gebiete in Anhang II Teil A der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2023/594 als infizierte Zone gelistet.
Rechtliche Würdigung:
Gemäß Art. 8 Abs. 2 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2023/594 sind die Seuchenbekämpfungsmaßnahmen dieser Verordnung zusätzlich zu den in den Art. 63 bis 66 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2020/687 festgelegten Maßnahmen, die für die Sperrzone II gelten, auch in der infizierten Zone anzuwenden.
Die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 2020/687 der Kommission ergänzt die Vorschriften für die Bekämpfung der gelisteten Seuchen gemäß Art. 9 Abs. 1 Buchst. a, b und c der Verordnung (EU) Nr. 2016/429, die in der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2018/1882 der Kommission als Seuchen der Kategorien A, B und C definiert sind. Insbesondere sind in den Art. 63 bis 66 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2020/687 bestimmte Maßnahmen vorgesehen, die im Falle einer amtlichen Bestätigung eines Ausbruchs einer Seuche der Kategorie A bei wild lebenden Tieren, einschließlich der Afrikanischen Schweinepest bei Wildschweinen, zu ergreifen sind.
Gemäß Art. 4 Nr. 40 der VO (EU) Nr. 2016/429 ist ein „Ausbruch“ das amtlich bestätigte Auftreten einer gelisteten Seuche oder einer neu auftretenden Seuche bei einem oder mehreren Tieren in einem Betrieb oder an einem sonstigen Ort, an dem Tiere gehalten werden oder sich befinden.
Zu 1:
Bei der ASP handelt es sich um eine Tierseuche, die durch kleinste Mengen infektiösen Materials verbreitet werden kann. Aus diesem Grund ist einerseits eine Versprengung erkrankter Tiere und andererseits die Verschleppung infektiösen Materials wie Blut, wie sie bei der Bewirtschaftung mit Maschinen erfolgen kann, unbedingt zu verhindern. Gleichzeitig sind die aus seuchenrechtlicher Sicht notwendigen Maßnahmen in Einklang zu bringen mit den Interessen der landwirtschaftlichen Betriebe an einer Bewirtschaftung und Ernte ihrer Flächen, um die Belastungen dieser auf einem möglichst geringen Niveau zu halten.
Die einzelnen getroffenen Seuchenbekämpfungsmaßnahmen dienen dem legitimen Zweck, die Verbreitung der Afrikanischen Schweinepest effektiv und schnellstmöglich einzudämmen. Jede der einzelnen getroffenen Maßnahmen fördert diesen Zweck und ist geeignet, erforderlich und angemessen und damit verhältnismäßig. Die Anordnungen greifen nicht auf in unzulässiger Weise in schützenswerte Rechtsgüter ein.
Grundsätzlich gilt bei allen landwirtschaftlichen Bearbeitungs- oder Erntemaßnahmen, dass diese umgehend eingestellt werden müssen und die örtliche zuständige Veterinärbehörde zu informieren ist, sobald Wildschweine oder Kadaver in der betroffenen Fläche gesichtet werden (vgl. Ziffern 1.7, 1.8 und 1.12).
Zu den Verfügungen 1.1 – 1.7:
Die Verfügungen beruhen auf Art. 8 Abs. 2 VO (EU) Nr. 2023/594 i. V. m. Art. 65 Buchst. b der VO (EU) Nr. 2020/687. Danach kann die zuständige Behörde in der infizierten Zone, um die Ausbreitung der Seuche der Kategorie A zu verhindern, Tätigkeiten im Freien regulieren. Davon eingeschlossen ist auch die landwirtschaftliche Betätigung.
Gemäß § 14d Abs. 5a Nr. 1, 2. Alt. der Verordnung zum Schutz gegen die Schweinepest und die Afrikanische Schweinepest (SchwPestV) vom 8. Juli 2020 (BGBl. I S. 1605), zuletzt geändert durch Verordnung vom 6. November 2020 (BAnz AT 09.11.2020 V1) i. V. m. Art. 65 Abs. 1 Buchst. f, Art. 70 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 sowie Art. 71 der Verordnung (EU) Nr. 2016/429, kann die zuständige Behörde die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen für längstens sechs Monate beschränken oder verbieten, soweit es aus Gründen der Tierseuchenbekämpfung erforderlich ist.
Zu 1.1:
Landwirtschaftliche Flächen, die aufgrund der Art des Bewuchses gut einsehbar sind, bieten nur eine sehr geringe Rückzugsmöglichkeit für Wildschweine, insbesondere für erkrankte Tiere. Gleichzeitig werden hier in der Regel bei einer Bewirtschaftung der Flächen mögliche Wildschweine oder Kadaver frühzeitig gesichtet, so dass weitere Bearbeitungsschritte umgehend eingestellt werden können.
Zu 1.2:
Die landwirtschaftliche Bewirtschaftung und Ernte mit Maschinen sind insoweit einzuschränken, als eine freie Sicht auf den Boden zur Sichtung von möglichen Kadavern nicht möglich ist. Davon ist im Maisanbau bei einer Pflanzenhöhe von 1,50m noch auszugehen. Bei einer größeren Wuchshöhe haben die Interessen der landwirtschaftlichen Betriebe an der Ausübung ihrer Tätigkeit insoweit hinter dem Interesse an einer effektiven Tierseuchenbekämpfung zurückzustehen.
In der Kernzone wird empfohlen, soweit mögliche Pflanzenschutzmaßnahmen mit Drohnen durchzuführen, um eine mögliche Versprengung der Tiere oder eine Verschleppung des Virus auszuschließen.
Zu 1.3:
Aufgrund des Risikos der Verschleppung infektiösen Materials sind in Kulturen, die keinen unmittelbaren Blick auf den Boden erlauben, keine maschinellen Bearbeitungsmaßnahmen und Ernten gestattet.
Zu 1.4:
Zwar handelt es sich bei Pflanzenschutzmaßnahmen mit Drohnen um maschinelle Bearbeitungsmaßnahmen, allerdings bergen diese weder das Risiko der Verschleppung der Seuche noch der Versprengung der Tiere. Somit ist der Pflanzenschutz mittels Drohnen grundsätzlich erlaubt.
Zu 1.5:
Um notwendige Bearbeitungs- und Erntemaßnahmen zu ermöglichen und somit im Einzelfall die Nachteile für die landwirtschaftlichen Betriebe auf ein Minimum zu begrenzen, können im Einzelfall von der zuständigen Behörde genehmigt werden. Auf diese Weise wird dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung getragen.
Zu 1.6:
Aufgrund der unter Ziffer 1.3 aufgeführten Gründen hat vor dem Mähen von Grünland und dem Ernten von Flächen eine Risikobewertung durch die zuständige Behörde zu erfolgen. Dies kann im Verfahren zur Genehmigung von Ernte- und Mäharbeiten in der infizierten Zone einschließlich der Kernzone erfolgen. Dabei ist im Vorfeld sicherzustellen, dass die landwirtschaftliche Fläche mit Drohnen auf Wildschweine, Wildschweinkadaver oder Teile davon abgesucht worden ist. Dies ist zu dokumentieren und durch die Betriebe zu verwahren.
Insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung des Seuchengeschehens, kann aufgrund der Schlagverteilungen und vielfältigen Rückzugsmöglichkeiten für Wildschweine in der Infizierten Zone die Genehmigung der Ernte nur gegeben werden, so lange die Auflagen (Drohnenabflug der Fläche am gleichen Tag, Abbruch der Ernte bei Verdacht von Wildschweinen im Schlag, großräumiges Umfahren von Kadavern) eingehalten werden. Eine vorherige Drohnensuche ist zwingend erforderlich, um die Ernte im Einzelfall zu genehmigen.
Zu 1.7:
Sollte es bei der Suche oder beim Mähen oder der Ernte entsprechende Funde gegeben haben, so haben die Interessen der landwirtschaftlichen Betriebe zunächst hinter den erforderlichen Maßnahmen zur Tierseuchenbekämpfung zurückzustehen.
Da davon auszugehen ist, dass sich Wildschweine in einer gemähten Grasfläche mangels Rückzugsmöglichkeit nicht aufhalten, ist im Falle der Heuernte für die auf die Mahd folgenden Tätigkeiten (wenden, pressen) keine weitere Drohnensuche erforderlich.
Zu 1.8 – 1.10:
Die Verfügungen beruhen auf Art. 8 Abs. 2 VO (EU) Nr. 2023/594 i. V. m. Art. 64 Abs. 2 Buchst. a der VO (EU) Nr. 2020/687. Danach kann die zuständige Behörde in der infizierten Zone Risikominderungsmaßnahmen und verstärkte Maßnahmen zum Schutz vor biologischen Gefahren treffen, um eine Ausbreitung der Seuche der Kategorie A ausgehend von den betroffenen Tieren und der infizierten Zone auf nicht infizierte Tiere oder auf Menschen zu verhindern.
Gemäß § 14d Abs. 5 Nr. 5 SchwPestV ist die Verwendung von Gras, Heu und Stroh, das im gefährdeten Gebiet (der infizierten Zone) gewonnen worden ist, zur Verfütterung an oder als Einstreu oder Beschäftigungsmaterial für Schweine verboten, es sei denn, es wird bestimmten Behandlungen unterzogen. Um eine Nutzung des Ernteguts oder daraus gewonnener Erzeugnisse zu ermöglichen und gleichzeitig eine Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest zu verhindern, ist das Inverkehrbringen an bestimmte Erfordernisse zu knüpfen, um das Risiko einer Verbreitung weitestgehend zu minimieren. Dabei sind an die Verwendung in schweinehaltenden Betrieben strengere Voraussetzungen zu stellen, als in Fällen, in denen dies ausgeschlossen ist.
Ziffer 1.9 stellt sicher, dass die Verwendung jeglichen Ernteguts, das im infizierten Gebiet gewonnen worden ist, in schweinehaltenden Betrieben ausgeschlossen ist. Ausnahme ist, wenn das Erntegut einer Behandlung unterzogen worden ist, die das Risiko des Verbringens von Virusmaterial drastisch herabsenkt. Das Verbot greift zwar in erheblicher Weise in die Rechte der Betriebe ein. Aufgrund der erheblichen Ansteckungsfähigkeit des Virus und der dadurch drohenden Gefahren für gehaltene Schweine ist die Maßnahme zur Verhinderung der Verschleppung der ASP in schweinehaltende Betriebe dringend erforderlich und verhältnismäßig.
Eine Verwendung in sonstiger Weise ist möglich, soweit eine Virusbelastung aufgrund des Ernteverfahrens oder nach einer entsprechenden Behandlung ausgeschlossen ist.
Soweit die Verwendung in einem schweinehaltenden Betrieb aufgrund der bestimmungsgemäßen Verwendung des Ernteguts (bspw. Braugerste) vollständig ausgeschlossen ist, ist die Verwendung auch ohne Lagerung oder Hitzebehandlung möglich (Ziffer 1.11).
Die Anordnung ist somit erforderlich und fachlich geboten.
Zu 1.11:
Bearbeitungsmaßnahmen, die im Nachgang zu einer Ernte erfolgen, können bis auf weiteres durchgeführt werden, da insoweit das Risiko einer Versprengung oder Verschleppung als gering eingeschätzt werden kann.
Zu 1.12:
Die Maßnahme beruht auf Art. 8 Abs. 2, 11 Abs. 1 VO (EU) Nr. 2023/594 sowie hinsichtlich der noch nicht in der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2023/594 gelisteten Gebiete auf Art. 61 Abs. 1 Buchst. a und Art. 70 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 2016/429 i. V. m. Art. 64 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 2020/687. Darüber hinaus sind die grundsätzlichen Vorgaben der Düngeverordnung zu beachten.
Zu 1.13:
Diese Verfügung stellt eine geeignete, vorbeugende Maßnahme zur Eindämmung der ASP dar. Im Fall des Auftretens der Seuche bei Wildschweinen ist es wichtig, dass infizierte Tiere nicht beunruhigt werden. Eine Beunruhigung könnte dazu führen, dass infizierte Tiere in Bereich vertrieben werden, in denen bislang noch keine infizierten Wildschweine vorhanden sind. Die Tierseuche könnte auf diese Weise weiter verschleppt werden. Dadurch würde der Bereich mit den infizierten Wildschweinen immer größer und die Seuchenbekämpfung erheblich erschwert werden. Eine Beunruhigung von Wildschweinen ist daher unbedingt zu vermeiden. Kadaver von Wildschweinen können erhebliche Virusmengen aufweisen, die mittels Maschinen weiter verbracht werden können. Dies würde ebenfalls zu einer Ausdehnung des Seuchengeschehens führen und ist daher so weit wie möglich zu vermeiden.
Die Maßnahme stellt nur einen geringen Eingriff in die Rechte der Betroffenen dar, da die Bearbeitungs- und Erntemaßnahmen nicht ausgeschlossen, sondern nur aufgeschoben werden. Von daher sind sie erforderlich, angemessen und verhältnismäßig.
Zu 2.:
Da eine fortlaufende Beobachtung der Entwicklung landwirtschaftlicher Pflanzen zwingend erforderlich ist, um die Notwendigkeit von Pflanzenschutz-, Bodenbearbeitungs- und Erntearbeiten zu bewerten, ist die Verfügung nur so lange gültig, bis insoweit eine neue Allgemeinverfügung ergeht. Gemäß § 14d Abs. 5a Nr. 1 SchwPestV darf die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen jedoch längstens für sechs Monate beschränkt oder verboten werden.
Zu 3.:
Die Allgemeinverfügung ist gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 409) i.V.m. § 37 Nr. 11 Tiergesundheitsgesetz (TierGesG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. November 2018 (BGBl. I S. 1938), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2852) sofort vollziehbar.
Zu 4.:
Gemäß § 41 Abs. 4 Satz 3 und 4 des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (HVwVfG) vom 15. Januar 2010 (GVBl. I S. 18), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Februar 2023 (GVBl. S. 78, 81), gilt bei öffentlicher Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes dieser zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. Nach § 41 Abs. 4 Satz 4 HVwVfG kann in einer Allgemeinverfügung ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden. Im Interesse einer wirksamen Seuchenbekämpfung ist hiervon Gebrauch zu machen.
Die Allgemeinverfügung wird gemäß § 15a des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Tiergesundheitsgesetz (HAGTierGesG) vom 14. Juni 2010 (GVBl. I 2010, S. 621, 623), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. März 2023 (GVBl. S. 183, 215) durch Bekanntgabe auf der Internetseite des Kreises (www.kreis-bergstrasse.de) bekannt gemacht.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift bei dem
Landrat als Kreisordnungsbehörde
vertreten durch die Abteilung Veterinärwesen und Verbraucherschutz
Odenwaldstraße 5
64646 Heppenheim
einzulegen.
Der Widerspruch kann außerdem in elektronischer Form per E-Mail - an das besondere elektronische Behördenpostfach (beBPo) des Kreises Bergstraße, durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments, das mit einer qualifiziert elektronischen Signatur versehen ist, eingelegt werden. Eine einfache E-Mail genügt diesen Anforderungen nicht.
Heppenheim, 10.07.2024
In Vertretung
Matthias Schimpf
Kreisbeigeordneter