Kreis Bergstraße (kb). Vor Kurzem besuchte Landrat Christian Engelhardt anlässlich des sechsten Hessischen Tages der Nachhaltigkeit mit Mitgliedern des Nachhaltigkeitsbeirats des Kreises Bergstraße Projekte und Unternehmen im Kreisgebiet, die sich in besonderem Maße mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandergesetzt haben. „Nachhaltigkeit ist ungemein wichtig. Es bedeutet für mich vor allem, dass wir den natürlichen Reichtum unserer Region auch für die Zukunft erhalten. Wir müssen schon heute so handeln, dass wir den künftigen Generationen gute Lebensbedingungen und eine lebenswerte Welt hinterlassen“, betonte Landrat Christian Engelhardt zu Beginn seiner Reise durch den Kreis Bergstraße. Der erste Halt hierbei war das Warenverteilzentrum von Alnatura in Lorsch. Simon Schmitt, Verantwortlicher für die Abteilung Supply Chain Operation dort, und die fachliche Assistenz SCM/Logistik, Judith Büttner, informierten über die ganzheitliche Sicht von Alnatura auf das Thema Nachhaltigkeit sowie über die logistischen Abläufe in Lorsch und das Lager an sich. Das Besondere an diesem Hochregallager ist, dass es keine Stahlkonstruktion besitzt, sondern komplett aus Holz gefertigt wurde. Dabei wurde Nachhaltigkeit direkt doppelt berücksichtigt. Denn: Holz ist ein nachwachsender Rohstoff und gleichzeitig ein idealer Speicher für Kohlenstoffdioxid (CO2).
Auch die Regale selbst sind aus Holz und können die Last der Waren gut tragen. Mit rund 32.000 Palettenplätzen ist das Alnatura Warenverteilzentrum das größte Hochregallager aus Holz in ganz Europa. Dabei ist die Holz-Bauweise auch unter Brandschutzaspekten sinnvoll: Bei einem Brand bleibt Holz länger stabil als Stahl.
Dass auch soziale Projekte nachhaltig sein können, zeigt das Hospiz nahe der Bensheimer Innenstadt. So hat der Hospizverein in den vergangenen Jahren einen großen Garten angelegt. Diesen pflegt der Verein gemeinsam mit seinen ehrenamtlichen Helfern, zu denen auch die Streuobstwiesenretterin Lisa Felker gehört. Der Hospiz-Garten bietet mit seinem Blick auf Bensheim und die Rheinebene schöne Plätze für die Gäste des Hospizes auf ihrem letzten Weg. Dabei können Besucher in dieser grünen Oase hautnah Biodiversität erleben. Neben blühenden Pflanzen, verschiedenen Sträuchern und Obstbäumen finden auch Bienen ihren Platz und versorgen die Gäste mit leckerem Honig. Doch nicht nur beim Hospizgarten wird der Nachhaltigkeitsgedanke verfolgt. Auch die Hospizarbeit selbst sei gesellschaftspolitisch nachhaltig, erklärte Dr. Wolfgang Nieswandt vom Hospizverein. Die Betreuung von Schwerkranken und Sterbenden entlaste Familien und helfe Angehörigen bei der Trauerarbeit.
Als nächstes Unternehmen besuchte der Landrat mit den Mitgliedern des Nachhaltigkeitsbeirats die über die Kreisgrenzen hinaus bekannte und höchst innovative Brain AG in Zwingenberg. Dort stellte Dr. Jörg Mampel in einem Kurzvortrag vor, wie CO2 als neuer Rohstoff zur Gewinnung von Plastik und als Ausgangspunkt für eine zukünftige Kreislaufwirtschaft dienen könnte. Dabei wurde deutlich, dass die Realisierung solch innovativer Prozesse mit der Preissituation am Ölmarkt konkurriert. Anschließend stellte Dr. Ester Gabor die Aufbereitung von Elektroschrott als besonderes Beispiel für die nachhaltige Arbeit der Brain AG vor. Hierbei werden durch den Einsatz von Mikroorganismen Edelmetalle, wie etwa Gold, zurückgewonnen. So könne man aus einer Tonne Elektronikschrott etwa zehn bis 70g Gold gewinnen und dadurch einen wichtigen Beitrag zu einer Kreislaufwirtschaft leisten.
Auch im Bereich der Landwirtschaft ist Nachhaltigkeit ein wichtiges Thema – besonders im Hinblick auf den Klimawandel. Zunehmende Trockenheit, Hitze und Starkregen machen auch den Bergsträßer Winzern zu schaffen. Auf einem Versuchswingert erläuterte Winzer Reinhard Antes Landrat Engelhardt und den Mitgliedern des Nachhaltigkeitsbeirats daher die Situation bezüglich der Reben. Die heutigen Weinsorten seien dem Klimawandel nicht gewachsen: Die Reben reiften früher und neue Insekten schädigten sie häufiger. Darum werden neue Rebsorten wie Sauvignier gris, Solaris, Muscaris und Regent gezüchtet, die den aktuellen Wetterbedingungen standhalten könnten. Schließlich sollen die Reben auch noch in 30 Jahren den Herausforderungen des Klimas gewachsen sein.
Doch nicht nur die Temperaturen und Insekten machen dem Wein zu schaffen, sondern auch die zunehmende Trockenheit in den Weinbergen. Otto Gutier vom Weinbauverband erklärte Landrat Engelhardt, wie heute mit Traktoren und Tankwagen aufwändig Wasser in die Weinberge transportiert werden muss, um die Reben ausreichend versorgen zu können. In den oberen Lagen könnten die Winzer deutlich weniger Wein je Hektar ernten als noch vor ein paar Jahren. „Wir müssen hier dringend nach neuen Lösungen zu suchen“, betonte auch Engelhardt. „Schließlich ist der Weinbau eine echte Tradition und leistet einen wichtigen Beitrag zur Wirtschaftskraft in der Region Bergstraße.“