Zeitungsstapel vor hellem Hintergrund

Psychosoziale Hilfen stehen trotz Pandemie zur Verfügung


Kreis Bergstraße (kb). Wie bereits im Jahr 2020, fand die Zusammenkunft der Steuerungsgruppe Sozialpsychiatrie, deren Aufgabe es ist, die psychosoziale Versorgung der BewohnerInnen des Kreises Bergstraße zu koordinieren, erneut in Form einer Videokonferenz statt. Mitglieder sind neben der Vitos-Klinik, Akteuren aus gemeindepsychiatrischen Einrichtungen – wie vollstationären Wohnheimen, betreuten Wohneinrichtungen oder Werkstätten von der Diakonie, der Caritas oder des Psychosozialen Hilfsvereins (PsH), der EUTB (Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung) – sowie Vertreterinnen und Vertretern des Landeswohlfahrtsverbandes, des Kreissozialamtes, des Jugendamtes und des Gesundheitsamtes zudem AnbieterInnen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Neben den Bensheimer Werkstätten, die Menschen mit psychischer Erkrankung und seelischen Behinderungen ein geschütztes Arbeitsumfeld mit unterschiedlichen Tätigkeiten bieten, nahm auch André Trinks, Leiter der Einrichtung Ikarus mit Sitz in Heppenheim teil, die Menschen nach einer psychischen Erkrankung einen beruflichen Wiedereinstieg ermöglichen.

Neben dem Austausch zu Vorhaben und Planung neuer Angebote lag der Schwerpunkt der Videokonferenz auf dem Austausch zu Bedarfen und sich ändernden Gesetzgebungen in diesem Bereich. So setzte sich die Erste Kreisbeigeordnete und Gesundheitsdezernentin des Kreises Bergstraße Diana Stolz als Leitung dieser Konferenz, schon im Vorfeld der Konferenz auf Landesebene für die Implementierung der Soziotherapie in Hessen ein. Die Soziotherapie ist eine Pflichtleistung der Krankenkassen, die in Hessen aufgrund fehlender Leistungsvereinbarungen noch nicht verordnet wird. Analog zu anderen therapeutischen Verordnungen dient sie der Stabilisierung von KlientInnen nach einer Entlassung aus der Psychiatrie und zur Verhinderung erneuter stationärer Aufnahmen.

Dr. Jutta Weikel, Leiterin der Vitos-Ambulanzen im Kreis Bergstraße, berichtete zudem über die Situation in der Vitos-Klinik. Einige Therapieangebote konnten aufgrund der Pandemie nur eingeschränkt stattfinden. Neue Behandlungsformen, wie die stationsäquivalente Behandlung, die einen großen Personaleinsatz erfordert, können seit Juli 2021 wieder angeboten werden. Die Nachfrage nach Diagnostik und Behandlung von Menschen mit ADS/ADHS im Erwachsenenalter übersteigt derzeit das Angebot. Die Planungen für einen neuen Standort einer Tagesklinik und Ambulanz im vorderen Odenwald werden voraussichtlich im Jahr 2022 wieder aufgenommen.

Clemens Näder vom Landeswohlfahrtsverband (LWV) berichtete von einer gestiegenen Anfrage an Plätzen für das Betreute Wohnen und von möglichen neuen LeistungsanbieterInnen im Kreis Bergstraße. Problem sei laut Niels Varelmann vom Fachdienst des LWVs jedoch, bezahlbaren Wohnraum für KlientInnen zu finden.

Kirstin Hörberg, Leiterin des Fachbereichs Soziale Dienste beim Bergsträßer Gesundheitsamt, berichtete von den Gesetzesänderungen, die in den Jahren 2022/2023 auf die in der Begleitung und Betreuung behinderter Menschen Beschäftigten zukommen werden. So wird das Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz von 2017 zu Ende 2021 verabschiedet werden und in geänderter Form ab 2022 in Kraft treten. Es sieht ebenso eine weitere Stärkung der Rechte seelisch erkrankter Menschen vor, wie zusätzliche Unterstützungsangebote wie Krisendienst und die Unterstützung durch Genesungsbegleiter. 2023 wird neben der vierten Reformstufe des Bundesteilhabegesetzes (BTHG), in welcher der Kreis der zu unterstützenden Personen neu definiert wird, auch ein neues Betreuungsrecht in Kraft treten und das bisherige Recht von 1992 ablösen. Auch in dieser Gesetzgebung geht es um die Stärkung der Rechte unterstützungsbedürftiger Personen. Es sollen zum Beispiel erweiterte Hilfen zur Vermeidung einer rechtlichen Betreuung angeboten werden, da die Zahl der rechtlichen Betreuungen regelmäßig steigt. Es fehlen auch Personen, die bereit sind, diese nicht einfache Aufgabe als BerufsbetreuerIn im Rahmen einer Selbstständigkeit auszuführen.

Insgesamt kann der Kreis auf eine sehr positive Bilanz und gute Kooperationen zwischen den Akteuren der psychosozialen Versorgung zurückblicken, die den Bergsträßerinnen und Bergsträßern auch im Kontext der Gesetzesänderungen zugutekommen werden.