Kreis Bergstraße (kb). Laut Statistik sind in Deutschland jede dritte Frau und ihre Kinder von häuslicher Gewalt oder sexuellem Missbrauch betroffen. Die Dunkelziffer liegt jedoch weitaus höher. Um die öffentliche Aufmerksamkeit stärker auf die gegen Frauen verübte Gewalt zu lenken sowie Strategien zur Bekämpfung derselben in den Mittelpunkt zu rücken, wurde 1999 am 25. November der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen ausgerufen. Jedes Jahr finden rund um den Gedenktag einige Aktionen statt, die von zahlreichen Kommunen unterstützt werden. So führt der Arbeitskreis gegen Häusliche Gewalt Kreis Bergstraße erneut die kreisweite Brötchentütenaktion „Gewalt kommt mir nicht in die Tüte!“ durch.
„Bereits seit vielen Jahren lenken wir jedes Jahr am 25. November unseren Fokus auf alle Frauen, die von physischer oder psychischer Gewalt betroffen sind. Mit diesem Tag und vielen Aktionen wollen und müssen wir dieses wichtige Thema immer wieder in das Bewusstsein der Bevölkerung bringen und vehement dagegen vorgehen. Gewalt darf keinen Platz in unserer Mitte einnehmen“, appellierte Landrat Christian Engelhardt bei der Auftaktveranstaltung im Kreiskrankenhaus Bergstraße (KKH).
Der Arbeitskreis gegen Häusliche Gewalt, dem neben den Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten des Kreises, dem Frauenhaus Bergstraße mit seiner Beratungs- und Interventionsstelle und weitere Beratungsstellen im Kreis angehören, verteilt bei der Aktion ab November wieder rund 120.000 Brötchentüten an etwa 120 Bäckereien im Kreisgebiet. Auch in diesem Jahr sind wieder die fünf Tafeleinrichtungen als zusätzliche Ausgabestelle dabei. Die Brötchentüten sind mit dem Satz „Nein zu Gewalt an Mädchen und Frauen“ in zehn verschiedenen Sprachen bedruckt. Auf der Rückseite der Tüte befinden sich Kontaktdaten von Beratungsangeboten. So kommen durch die Brötchentüten sowohl das Thema als auch entsprechende Hilfsangebote im wahrsten Sinne des Wortes auf den Tisch.
„Diese Aktion hat schon Traditionscharakter, denn sie wird im Kreis bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten durchgeführt“, so die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Alexandra Schmitt. „Betroffene brauchen schnellen und niederschwelligen Zugang zu den Hilfsangeboten“, ergänzt ihre Kollegin Nicole Schmitt.
Durch die enge Zusammenarbeit des KKH mit der Gewaltambulanz der Rechtsmedizin der Universitätsklinik Heidelberg besteht zudem ein wohnortnahes Hilfsangebot für Frauen und Männer nach Gewalthandlungen zur Verfügung. So können sich Menschen, die Opfer einer Vergewaltigung oder einer Gewalttat geworden sind, jeden Tag rund um die Uhr an die Ambulanz des Kreiskrankenhauses wenden. Dort haben sie die Möglichkeit, sich auch ohne vorherige Anzeige bei der Polizei untersuchen und darüber hinaus Beweise durch die Gewaltambulanz als wichtige Grundlage für eine eventuelle Anzeige, sichern zu lassen. Diese werden dann bis zu einem Jahr in der Rechtsmedizin in Heidelberg aufbewahrt. „Uns ist es wichtig, dass Menschen nach einem solch belasteten Ereignis, wie beispielsweise einer Vergewaltigung, nicht alleine gelassen werden. Die Menschen sollen wissen, dass sie bei uns unkompliziert und empathisch medizinische Hilfe bekommen“, erklärt die Chefärztin der Gynäkologie und Geburtshilfe des KKHs, Dr. med. Cordula Müller.
„Dieses, bereits im Jahr 2018 ins Leben gerufene Projekt läuft in Kooperation zwischen dem Kreis Bergstraße, dem Kreiskrankenhaus Bergstraße und der Gewaltambulanz in Heidelberg. Wir wollen den heutigen Termin dazu nutzen, die Bekanntheit des Hilfsangebotes weiter zu erhöhen“, ergänzt Landrat Christian Engelhardt.