Zeitungsstapel vor hellem Hintergrund

Kinderschutz schon in der Erzieher-Ausbildung verankern


Kreis Bergstraße (kb). Der Schutz von Kindern vor Gewalt, Vernachlässigung oder psychischen Misshandlungen zählt zu den wichtigsten Aufgaben eines Jugendamtes. Dabei ist das Jugendamt die zentrale Stelle, an die Verdachtsfälle auf Kindeswohlgefährdung gemeldet werden und bei der diese dann geprüft werden. Für einen funktionierenden Kinderschutz ist das Amt jedoch auf ein Netzwerk angewiesen, dass aufmerksam und sensibel mögliche Kindeswohlgefährdungen wahrnimmt und weitergibt.

Eine besondere Bedeutung kommt hierbei auch den Erzieherinnen und Erziehern in Kindertagesstätten zu. Schließlich arbeiten sie mehrere Tage in der Woche mit zahlreichen Kindern. Aus diesem Grund hat das Jugendamt des Kreises Bergstraße seit Jahren eine enge Kooperation mit der Elisabeth Selbert Schule zu Fragen rund um den Kinderschutz.

„Die Kooperation begann 2016 mit einer Doppelstunde, bei der der Leiter des Jugendamtes Kai Kuhnert Fragen rund um das Thema Kindeswohlgefährdung beantwortet hat. Doch es hat sich schnell herausgestellt, dass das zu wenig ist. Deshalb sind wir sehr froh, dass wir nun eine komplette Lehrveranstaltung anbieten können. Denn natürlich ist es unser Ziel, in der Ausbildung möglichst viel Praxis zu vermitteln“, sagt die Leiterin der Fachschule für Sozialwesen an der ESS Stephanie Schwan.

In diesem Schuljahr findet bereits zum zweiten Mal eine Lehrveranstaltung zum Thema „Erkennen, Wahrnehmen und Handeln im Kinderschutz“ an der Fachschule für Sozialwesen der Elisabeth-Selbert-Schule (ESS) in Lampertheim statt. Die ESS ist das berufliche Schulzentrum des Kreises Bergstraße. Bei der Lehrveranstaltung vermittelten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamtes den Auszubildenden der Fachrichtung Sozialpädagogik nicht nur die gesetzlichen Grundlagen und mögliche Formen von Kindeswohlgefährdungen, sondern gaben mit vielen Praxisbeispielen Einblick, wie das Zusammenwirken von Kitas und Jugendamt funktionieren kann und welche Handlungsmöglichkeiten bei einem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung bestehen.

„Es ist sehr wichtig, dass wir bei diesem Thema Theorie und Praxis verbinden. Erzieherinnen und Erzieher müssen direkt beim Start in den Beruf mögliche Kindeswohlgefährdungen erkennen und dann sensibel und angemessen mit der Situation umgehen können. Daher freut es mich sehr, dass unser Jugendamt seine Expertise bereits in der Ausbildung anbringen kann“, sagt der hauptamtliche Kreisbeigeordnete des Kreises Bergstraße und aktuell für das Jugendamt zuständige Dezernent Matthias Schimpf.

Die Ziele der Lehrveranstaltung lauten unter anderem: die Erweiterung des Rechtsanwendungswissens, die Stärkung der Handlungssicherheit und des Umgangs mit Gefährdungssituationen in der Kita, die Entwicklung von Handlungs- und Netzwerkkompetenz, Stärkung der Vermittlungskompetenz im Helferinnen- und Elternsystem und die Erweiterung von Empathie- und Kommunikationsfähigkeit. Auf dem Programm stehen dabei neben dem Durcharbeiten verschiedener Fallbeispiele auch Rollenspiele, etwa zum Vorbereiten und Durchführen von Elterngesprächen.

Die Praxisnähe kommt auch bei den angehenden Erzieherinnen gut an. „Die Fallbeispiele sind wirklichkeitsnah und sehr vielfältig. Dadurch lernt man auch, dass Kindeswohlgefährdung viele Facetten hat. Gleichzeitig hat uns der Kurs gezeigt, dass es auch für die betroffenen Familien hilfreich sein kann, sich für Unterstützung ans Jugendamt zu wenden und man davor keine Angst haben muss“, sagt Kira Wörsdörfer, die sich im zweiten Ausbildungsjahr befindet.

„Kinderschutz lebt von den handelnden Personen und ihren Umgang damit. Ich bin davon überzeugt, dass diese Lehrveranstaltung zukünftige Erzieherinnen und Erzieher unterstützt und in die Lage versetzt, im späteren Berufsalltag bei Verdachtsmomenten auf eine Kindeswohlgefährdung genau hinzuschauen und adäquat handeln zu können, sagt der Leiter des Bergsträßer Jugendamtes Kai Kuhnert. Die Lehrveranstaltung wird angesichts der positiven Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler auch im kommenden Schuljahr angeboten, stetig evaluiert und inhaltlich weiterentwickelt.

„Ich bin sehr froh, dass die Kooperation mit der Elisabeth-Selbert-Schule so gut funktioniert. Wir wollen mit einer qualitativ hochwertigen Lehrveranstaltung dazu beitragen, Grundlagen zu schaffen, um genau hinzuschauen, abzuwägen, sensibel zu agieren und im Fall der Fälle Verantwortung zu übernehmen und zu handeln. Mein Dank gilt der Leiterin der Fachschule für Sozialwesen Frau Schwan, dem Leiter des Jugendamtes Herr Kuhnert sowie den Mitarbeiterinnen des Jugendamtes für die Ausgestaltung der Lehrveranstaltung“, sagt der hauptamtliche Kreisbeigeordnete Matthias Schimpf.