Zeitungsstapel vor hellem Hintergrund

Frankfurter Medizinstudierende schnuppern Landluft im Kreis Bergstraße 


Kreis Bergstraße (kb). Wie kann man Medizinstudierende dafür begeistern, später einmal als Ärztin oder Arzt im ländlichen Raum tätig zu sein? Einen Ansatz dafür bietet das Projekt Landpartie 2.0. Dieses ist ein bedürfnisorientiertes Lehrprogramm für Medizinstudierende der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt. Das Programm wurde gemeinsam von Studierenden, erfahrenen Lehrärztinnen und Lehrärzten sowie dem Institut für Allgemeinmedizin an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt entwickelt. Hierbei wird die Möglichkeit geboten, die hausärztliche Medizin in einer ländlichen Region wie dem Kreis Bergstraße während des Studiums zu erleben. Praxiserfahrungen erhalten die Studierenden in ausgewählten Hausarztpraxen, in Begleitseminaren zu abwechslungsreichen Themen rund um die ambulante Versorgung und Tagesausflügen zu innovativen Versorgungsmodellen im ländlichen Raum.

„Wir sind als Kreis sehr gerne Teil des Projektes „Landpartie 2.0“.  Denn wir sind überzeugt, dass es ein wichtiger Baustein dafür ist, die ambulante Versorgung vor allem in den ländlichen Teilen unseres Kreises langfristig zu unterstützen. Über das Interesse der Studierenden an unserer lebenswerten Region freue ich mich daher sehr. Mit unseren vier vielseitigen Teilregionen und der Zugehörigkeit zu gleich zwei Metropolregionen haben wir viel Lebensqualität zu bieten“, sagt Landrat Christian Engelhardt.

Im Rahmen des Projektes waren jüngst Studierende bei einem Tagesausflug im Kreis Bergstraße zu Gast. Sie erhielten dabei bei einem Besuch des Heilig-Geist Hospitals in Bensheim zunächst Eindrücke vom stationären Sektor. Hierbei stellte Stefan Gröger, Geschäftsführer des zur Artemed-Gruppe gehörenden Heilig-Geist Hospitals (HGH), die Bestrebungen der integrierten Versorgung sowie das Grund- und Regelversorgerhaus in Bensheim vor. Insbesondere die Entwicklung des diagnostischen und therapeutischen Leistungsspektrums sowie die Ausgestaltung einer möglichen Facharztweiterbildung im HGH wurden aufgeführt und im Rahmen der Besichtigung der Termin-Ambulanz sowie der Zentralen Notaufnahme Einblicke in das Setting des vielseitig aufgestellten Krankenhauses gewährt. Ergänzend beleuchtete Michael Lapp, Facharzt für Chirurgie, Orthopädie und spezielle Unfallchirurgie mit der Zusatzbezeichnung Sportmedizin als Sektionsleiter der Unfallchirurgie die Möglichkeiten des ärztlichen Wirkens im HGH.

Mit Blick auf die integrierte Versorgung sowie das Leistungsspektrum des HGH berichtete Elfi Hoffmann, Fachärztin für Allgemeinmedizin, von den Erfahrungen ihres Alltags in einer haus- und fachärztlichen Gemeinschaftspraxis sowie ihres beruflichen Werdegangs. Hoffmann selbst hat den Großteil ihrer eigenen Facharztprüfung innerhalb des Kreises Bergstraße vollzogen und kennt die lokalen Besonderheiten. Sie betonte dabei insbesondere die koordinierte Zusammenarbeit zwischen stationären Einrichtungen und ambulanten Versorgenden. Auch sei eine Vernetzung im ambulanten Sektor sehr hilfreich, weshalb sie auch das Lampertheimer Ärztenetz GALA e. V. hervorhob. Ein Zusammenschluss sei insofern sinnvoll, um sich mit Kolleginnen und Kollegen auszutauschen, aber auch um gemeinsam an Qualitäts-, Fort- und Weiterbildungszielen zu arbeiten.

Dr. Natalie Augsburger, Fachärztin für Allgemeinmedizin, stellte den Studierenden den Verbund der ze:roPraxen im Kreis Bergstraße vor.
Dr. Natalie Augsburger, Fachärztin für Allgemeinmedizin, stellte den Studierenden den Verbund der ze:roPraxen im Kreis Bergstraße vor.

Nach einem gemeinsamen Mittagessen und intensivem Austausch über die bisherigen Erfahrungen der Studierenden in Bezug auf landärztliche Tätigkeiten, stellte Dr. Natalie Augsburger, Fachärztin für Allgemeinmedizin, den Verbund der ze:roPraxen vor. Charakteristisch für die ze:roPraxen seien verbundeigene Fortbildungen in verschiedenen medizinischen Fachdisziplinen, innovative Versorgungsansätze wie die Nutzung von Telemedizinlösungen oder die Förderung von medizinischem Fachpersonal, zum Beispiel durch die Ausbildung als Physician Assistants, wodurch die Ärzteschaft durch das Delegieren von Kernaufgaben an medizinisches Personal entlastet und unterstützt wird.

Die beteiligten Kooperationspartner des Tagesausflugs sind an verschiedenen Stellen der ärztlichen Aus- und Weiterbildung im Kreisgebiet aktiv. Während beispielsweise das Programm Landpartie 2.0 die Tätigkeit im ambulanten Sektor fokussiert, konzentriert sich der Weiterbildungsverbund Bergstraße, an dem sich sowohl das HGH, das Ärztenetz GALA e.V., die ze:roPraxen sowie weitere Einrichtungen des Kreises Bergstraße beteiligen, auf die fachärztliche Weiterbildung, die sowohl Inhalte in stationären Einrichtungen sowie in der hausärztlichen ambulanten Versorgung umfasst.

Abschließend erläuterte Jennifer Jarke, Fachbereichsleiterin Gesundheitsversorgung in der Kreisverwaltung, die Besonderheiten der Versorgungslandschaft im Kreis wie beispielsweise teilraumspezifische Kooperationen in Netzwerken wie etwa dem Netzwerk Ortsnahe Versorgung Odenwald (NOVO) oder dem Netzwerk Ortsnahe Versorgung Ried (NORIE). Gesundheitsakteurinnen und Gesundheitsakteure kommen darüber hinaus regelmäßig in Lokalen Gesundheitskonferenzen zusammen und debattieren über aktuelle Themen und konkrete Handlungsaktivitäten. Im Rahmen der Gesundheitsversorgung wird die Vernetzung von verschiedenen Disziplinen und Sektoren insbesondere durch die Aktivitäten der Psychosozialen Fachkräfte auf dem Land (PauLa) deutlich, die hilfebedürftige Klientinnen und Klienten beraten Essentiell ist hierbei eine kontinuierliche Kommunikation und Kooperation mit der Ärzteschaft, Apotheken, Pflegeeinrichtungen, Sozialdiensten, Vereinen, Kirchengemeinden und weiteren Einrichtungen.

Auch die Gesundheitskoordination visiert die Vernetzung verschiedener beteiligter Personen an und hat unter anderem zum Ziel, nachhaltig medizinische Nachwuchskräfte für den Kreis zu gewinnen sowie die Gesundheits- und Sozialkompetenz der Bevölkerung zu steigern.