Hitzeaktionsplanung und Klimaanpassung
Die klimatischen Veränderungen, insbesondere temporär intensive Hitzeperioden während der Sommermonate, machen ein konzeptionell abgestimmtes Handeln auch auf der kommunalen Ebene erforderlich. Aufgabe ist es deswegen, einen nachhaltigen Schutz für besonders vulnerable Gruppen zu gewährleisten und im Vorfeld zielgerichtete präventive Maßnahmen einzuleiten. Zu den Personengruppen zählen insbesondere Ältere sowie körperlich und seelisch vulnerable Personen, pflegebedürftige und isoliert lebende Menschen, Schwangere, Säuglinge und Kleinkinder, Wohnungs- und Obdachlose, Personen, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, sowie Menschen, die im Freien arbeiten oder Sport treiben.
Hitzeaktionspläne sollen gesundheitliche Folgen des Klimawandels allen vulnerablen Personengruppen effizient und verständlich kommunizieren, Empfehlungen für an die Situation angepasstes Risikoverhalten beinhalten und zudem präventive Handlungsmöglichkeiten in einer Vielzahl von Bereichen darlegen und etablieren.
Der Hitzeaktionsplan des Kreis Bergstraße ist als Instrumentarium zu verstehen und zu nutzen: Es sollen fundierte Maßnahmen ergriffen werden, um auf die klimatischen Entwicklungen zu reagieren, diese gegebenenfalls zu stoppen und solche, die irreversibel eingetreten sind, abzumildern. Bei letzteren wird insbesondere auf Folgen abgestellt, die die Handhabung natürlicher Ressourcen bereits unumkehrbar verändert haben.
Übergeordnetes Ziel des Hitzeaktionsplans ist es, mittels verhaltens- und verhältnispräventiver Maßnahmen die Exposition von Hitze und weitere schädliche Einwirkungen, ausgelöst durch Wärmestrahlung, zu reduzieren. Damit sollen Erkrankungen und möglichen Todesfällen vorgebeugt werden. Verhaltenspräventive Maßnahmen können von jeder einzelnen Person geleistet werden. Deshalb ist eine zielgruppenspezifische Aufklärung notwendig. Ergänzend müssen präventive Maßnahmen ergriffen werden, die Veränderungen des Lebens- und Arbeitsumfeldes einbeziehen. Daher dient der vorliegende Hitzeaktionsplan als Orientierungshilfe und Leitfaden für angepasstes Verhalten bei Hitzeextremen, er umfasst in seinem Kern administrative und kommunikative, aber keine größeren investiven Maßnahmen. Er gibt Auskunft über gesundheitliche Risiken und wie man diesen begegnet. Als informelles Planungs-, Koordinierungs- und Kommunikationsinstrument ist der Hitzeaktionsplan Informationsquelle für Notfallkontakte und den Rettungsdienst und als Ratgeber für den Umgang mit hitzegefährlichen bis hin zu lebensbedrohlichen Situationen zu verstehen. Zuständigkeiten und Vertretungen werden klar benannt, auch Informationskanäle sowie eine zielgerichtete Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in festen Strukturen liegen dieser Hitzeaktionsplanung zugrunde, sodass eine fristgerechte und präventive Bekanntmachung aufkommender temporärer Hitzewellen an die Bürgerinnen und Bürger des Kreis Bergstraße sichergestellt ist.
Die Kreisverwaltung kommt damit der Umsetzung des Beschlusses der 93. Gesundheitsministerkonferenz (GMK) „Der Klimawandel – eine Herausforderung für das deutsche Gesundheitswesen“ aus dem Jahr 2020 nach, einen kommunalen Hitzeaktionsplan bis zum Jahr 2025 zu erstellen.
Wie im GMK-Beschluss empfohlen, finden auch die „Handlungsempfehlungen für die Erstellung von Hitzeaktionsplänen zum Schutz der menschlichen Gesundheit“, die 2017 durch die ehemalige Bund-Länder-ad-hoc-Arbeitsgruppe „Gesundheitliche Anpassung an die Folgen des Klimawandels (GAK)“ des damaligen Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (heute Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz) ins Leben gerufen worden sind, Anwendung. Diese basieren im Ursprung auf den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Chronologie und Erarbeitungspfad:
Die Erstellung wurde verwaltungsintern im Winter 2023 beschlossen und seitdem auch in konsequenter und strukturierter interdisziplinärer Zusammenarbeit durchgeführt. Als federführende Stelle der Erarbeitung lag es im Aufgabengebiet der Abteilung Grundsatz und Kreisentwicklung, die notwendigen Handlungsakteure zu bestimmen, die entsprechende Expertise auszuwerten und in einen Gesamtkontext zu überführen. In der chronologischen Betrachtung sollen folgende Schritte besonders hervorgehoben werden:
Herbst/Winter 2023: Ausloten des konzeptionellen Vorgehens und der Rahmenplanung für die Erstellung des Hitzeaktionsplans in der Abteilung Grundsatz und Kreisentwicklung / Vorstellung für die Behördenleitung
Januar 2024: Arbeits- und Konzeptworkshop aller beteiligten Akteure zur Entwicklung, Vernetzung und Bewertung von probaten Maßnahmen und Konzeptionierungen des Hitzeschutzes als Grundlage des Hitzeaktionsplans
- Beteiligte Fachabteilungen der Kreisverwaltung:
- Grundsatz und Kreisentwicklung (Federführung)
- Gesundheitsamt
- Gefahrenabwehr
- Bauen, Umwelt und Denkmalschutz
- Schule und Gebäudewirtschaft
- Personal und Organisation
- Presse, Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation
- ÖPNV und Mobilität
-Soziales, Bereich Pflege
- Beteiligte Akteure aus dem Kreis Bergstraße:
- Gewässerverband Bergstraße
- Hessen Forst
- Polizeidirektion Bergstraße
April 2024:
Vorstellung der bisherigen Arbeitsergebnisse im Rahmen der Lokalen Gesundheitskonferenz unter Beteiligung des Hessischen Ministeriums für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege als verantwortlicher Akteur des Landeshitzeaktionsplans
Mai 2024:
Workshop zur Verknüpfung von Hitzeaktionsplänen und der öffentlichen Gesundheitsvorsorge in Frankfurt, organisiert durch die Hessische Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung e.V. unter Beteiligung des zuständigen Ministeriums
Juni 2024:
Vorstellung des Sachstands der kreisweiten Hitzeaktionsplanung im Rahmen eines Austauschs der kommunalen Klimaschutzmanagements
September 2024:
Vorstellung des Hitzeaktionsplans für die Vorsitzenden der im Kreistag vertretenen Fraktionen / Möglichkeit der Einbeziehung und frühzeitigen Stellungnahme für die ehrenamtliche Politik
Oktober 2024:
Abschluss der redaktionellen Erstellung unter Einbeziehung der in mehreren Vorstellungsrunden gewonnenen Erkenntnisse
November 2024:
Beratung und Beschlussfassung zum Hitzeaktionsplan in den zuständigen Gremien des Kreises Bergstraße
Weiteres Vorgehen:
1. Halbjahr 2025:
Vorstellung des Hitzeaktionsplans für die kreisangehörigen Kommunen / Austausch zu Handlungsempfehlungen und Umsetzungsmöglichkeiten in den Städten und Gemeinden des Kreises.
Grundsätzlich muss zur richtigen Einordnung des Hitzeaktionsplans auch weiter erwähnt sein, dass dieser in der Ausgestaltungsform des Kreis Bergstraße als eine Säule des Klimafolgenanpassungsmanagements zu verstehen ist und somit ins „Konzept zum Schutz vor Klimafolgen – Hitzeaktionsplan und Klimafolgenanpassungsmanagement“ eingebettet wird.
Auch ein langfristiges Monitoring und eine Evaluation sind zwingend notwendig, um auf Veränderungen schnell eingehen zu können und den erreichten Qualitätsstandard zu sichern. Maßnahmen zum Hitzeschutz sollen von Jahr zu Jahr stetig verbessert werden, da sich die Themenfelder Hitzeschutz und Klimaanpassung dynamisch entwickeln. Die vorliegende Version stellt den aktuellen Planungsstand des Jahres 2024 dar.
Der Kreis-Hitzeaktionsplan als PDF
Hitzeaktionsplanung für den Kreis Bergstraße - Ein praxisorientierter Leitfaden zur Prävention und für den Umgang mit Hitzeereignissen
Verknüpfung mit Aktivitäten im Bereich des Klimaschutzes und der Klimaanpassung
Neben der stetigen Weiterentwicklung dieses Dokumentes soll sich der Hitzeaktionsplan in übergeordnete Strategien zur Anpassung an den Klimawandel einbetten sowie Verknüpfungen zu weiteren gesundheitsrelevanten Themen herstellen. Folgende Konzepte und Pläne existieren im Kreis Bergstraße:
Das Integrierte Klimaschutzkonzept des Kreises ist ein wesentlicher Meilenstein, welcher zum Erhalt der natürlichen Ressourcen und zur Förderung einer nachhaltigen Lebensweise beitragen soll. 2019 hat der Kreistag des die Aufstellung eines Integrierten Klimaschutzkonzepts beschlossen. Das Konzeptpapier wurde im November 2021 fertiggestellt und versteht sich als Grundgerüst für die klimarelevante Ausrichtung und strategische Steuerung. Es ermöglicht eine Übersicht über die Entstehung, die Ziele und die geplanten Aktivitäten im Klimaschutz.
Für das Konzept wurden zunächst Basisdaten ermittelt, welche als Grundlage für die Potentialermittlung im Bereich der Treibhausgaseinsparungen dienen. In einem Maßnahmenkatalog wurden die Maßnahmen priorisiert, bewertet und zusammengefasst. Diese Maßnahmen befinden sich teilweise in der Umsetzung, weitere Maßnahmen werden mit hoher Priorität vorangebracht. Es sieht vor, aktiv Veränderungsprozesse anzustoßen und wichtige Hürden in Richtung Nachhaltigkeit und Klimaneutralität zu nehmen. Damit soll der Kreis Bergstraße zur Vorbildregion im Bereich des Klimaschutzes gemacht werden.
Genauso wie der Hitzeaktionsplan wird auch das Klimaschutz-Konzept einer kontinuierlichen Weiterentwicklung unterzogen, d.h. Maßnahmenpakete werden hinsichtlich ihrer Wirkung und der Zielerreichung überprüft und angepasst. Der im Klimaschutzkonzept verankerte Maßnahmenplan reicht von energetischen Maßnahmen im Gebäudesektor bis hin zur Förderung von Wasserstoffinfrastrukturen im ÖPNV. Das Klimaschutzkonzept versteht sich als ein eigenständiges Bindeglied im Bereich des Klimaschutzes, dient aber natürlich auch den Zielen einer nachhaltigen Hitzeschutzplanung. Die im Klimaschutzkonzept beschriebenen Szenarien und Maßnahmen zeigen, dass das Erreichen von Klimaneutralität aus technischer und ökonomischer Perspektive sehr anspruchsvoll wird.
Dennoch gibt es im Hitzeaktionsplan und im Klimaschutzkonzept Maßnahmenbereiche, die Schnittmengen und Zielharmonien aufweisen. Als Beispiel ist die bauliche Umsetzung von Wärmeschutzmaßnahmen (im Hitzeaktionsplan als langfristige Maßnahmen im Bereich der Planung benannt) zu benennen. Auch der gesellschaftliche Wandel zu mehr Nachhaltigkeit bzw. nachhaltigem Handeln findet sich in beiden Konzepten wieder.
Ein weiteres Konzept, welches die Klammer zwischen Klimaschutzkonzept und Hitzeaktionsplanung schließen soll, ist eine noch zu erstellende Klimawandelfolgenanpassungstrategie, die eine langfristige planerische Ausrichtung zur Verminderung von Klimaextremen im Kreis Bergstraße vorsieht.
Langfristig sollen Hitzeaktionsplanung und Klimaanpassungsstrategie aufgrund der Vielzahl thematischer Schnittmengen zusammengeführt werden, um eine Einheit im Kampf gegen klimatische Extremsituationen zu bilden. Es ist abzusehen, dass Hitzeextreme bzw. allgemein Wetterextreme zunehmen und dies auch prioritär bei Anpassungsmaßnahmen im Fokus stehen wird. Somit soll erreicht werden, dass kurz- bis mittelfristige Ziele durch eine Hitzeaktionsplanung und langfristige Maßnahmen durch eine Klimaanpassungsstrategie abgedeckt werden. Beides soll sich ergänzen, zusammenwirken und Synergien erzielen, die den vulnerablen Gruppen und gefährdeten Personen Schutz bieten.